Bergbau-Harz
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Bereich der zur Zeit in Arbeit befindlichen Grubenbaue Für uns bereits befahrbare Baue
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Mineral - und Erzlagerstätten im westlichen Harz
Seit mehr als 1500 Jahren wird im Harz nach wertvollen mineralischen Rohstoffen geschürft. Reich ist das kleine Mittelgebirge besonders an Erzen von Blei, Zink, Silber, Kupfer und Eisen, sowie an den Industriemineralien Schwerspat und Flußspat. Bereits im Mittelalter zählte es zu den Schatzkammern des Deutschen Kaiserreiches. Basierend auf dem Silbereichtum entwickelte sich dann eines der ersten geschlossenen Industriegebiete der Welt, mit einem weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Montanwesen.
Hauptschwerpunkte des Erzbergbaus waren der Rammelsberg bei Goslar ("massive polymetallische Sulfiderzlagerstätte", bis 1988 in Abbau), der Oberharzer Gangdistrikt mit den Revieren von Clausthal und Zellerfeld (bis 1930), das Lautenthaler Revier (bis 1958) sowie das Grunder - Silbernaaler Revier (Grube Hilfe Gottes bis 1992).
Wesentlich älter als die unten beschriebenen Erzgänge und von ganz anderer Bildungsart ist die wohl berühmteste Harzer Erzlagerstätte, der Rammelsberg bei Goslar. Die überaus reichen massive Sulfiderzlager verdanken ihre Entstehung heißen metallreichen Lösungen, die in einer Depression am Boden des Devonmeeres austraten und ihre Fracht als schwarzen Erzschlamm niederschlugen. Aus diesem später entwässerten Metallsulfidsediment bildeten sich scheibenförmige Erzkörper mit einem Gesamtinhalt von mehr als 27 Millionen Tonnen. Mit Gehalten von 20 - 30 % Zink, Blei und Kupfer sowie 120 g/t Silber und rund 1 g/t Gold zählt der Rammelsberg zu den größten und reichsten Massivsulfiderzlagerstätten der Welt.
Bei den Oberharzer Erzgängen handelt es sich um steilstehende, in der Regel WNW - ESE ("hercynisch") streichende Systeme von mineralisierten Gangstörungen, die bis zu 20 km lang und mehrere 10er m mächtig sind und in Tiefen von mehr als 1.000 m hinabsetzen. Die Vererzungen, bestehend aus silberhaltigem Bleiglanz, Zinkblende, Kupferkies, Pyrit, Fahlerz u.a. Erzmineralen, treten in Form von großen und z.T. recht reichen Erzmitteln auf. Diese konnten nur dort gebildet werden, wo die Tektonik eine öffnung von Spalten begünstigte, z. B. in sog. "Aufblätterungszonen". Als Begleiter der Erzminerale treten häufig die Gangarten Quarz und Kalkspat , aber auch Siderit und Baryt auf. Bis in Teufen von etwa 1.000 m (z.B. Schacht Kaiser Wilhelm II in Clausthal) fand deren Gewinnung statt.
Allein die Oberharzer Silberproduktion belief sich insgesamt auf mehr als 5.000 t
Lange Zeit sah die Wissenschaft im Brockengranit den universellen Erzspender für die Oberharzer Ganglagerstätten, zumal die verschiedenen Metalle in gewisser Weise zonal um den Granitpluton herum angereichert auftreten. Die modernen Forschungen haben diese Theorie inzwischen widerlegt. Neueren Erkenntnissen nach erfolgte die Erzbildung nicht unmittelbar im Anschluss an die Platznahme des Granits, sondern erst wesentlich später, während des jüngeren Mesozoikums ("saxonische Metallogenese") vor rund 100 Millionen Jahren. Ursache für Bildung von tiefen Bruchspalten, die heißen, salz- und metallreichen Tiefenwässer (Hydrothermen) als Aufstiegswege dienten, waren die vielfältigen Hebungsbewegungen, im Zusammenhang mit der im Süden stattfindenden alpidischen Gebirgsbildung (siehe Geologie) einher gingen. Zur Ausscheidung der mitgeführten Lösungsfracht kam es infolge einer Durchmischung der chloridischen Tiefenlösungen mit relativ kühleren schwefelreichen Oberflächenwässern. Die kristallisierenden Minerale verheilten den manchmal bis zu 10 m mächtigen, offenen Gangraum. Unterbrochen durch tektonische Verschiebungen fanden über einen Zeitraum von mehr als 50 Mio. Jahren verschiedene Mineralisationszyklen statt. Der Schwerpunkt der Mineralbildung erfolgte vor rund 100 Millionen Jahren, einhergehend mit der Haupthebungsphase.
Auf den Gängen von Bad Grund oder Clausthal-Zellerfeld war Bleiglanz, der stets mikroskopisch feine Einschlüsse von silberhaltigen Fahlerz enthält, der wichtigste Silberträger. Für den Bergmann war das Silber, das darin mit Gehalten von 0,01 - 0,42 %, auftrat unsichtbar. Allein der westliche Oberharz lieferte insgesamt rund 5.000 t des Münz- und früheren Währungsmetalls.
Eine ganz andere Situation zeigt die Ganglagerstätte von Sankt Andreasberg, denn hier traten Silberminerale in größeren Mengen konzentriert in komplex zusammengesetzten "Silberreicherzfällen" auf. Wegen des Reichtums an schönen und seltenen Mineralen gilt dieses Revier als das "Schatzkästchen des Harzes". Hier sind die einzelnen Gänge selten länger als 500 m und von nur geringer Mächtigkeit. Bis zur Einstellung des Bergbaus (Grube Samson, 1910) wurden etwa 300 t des begehrten Edelmetalls produziert.
Eine Reihe sehr unterschiedlich mineralisierter Gänge durchsetzt die Berge des südwestlichen Harzes im Bereich zwischen Herzberg, Sieber und Bad Lauterberg. Diese gaben früher Anlass zu Bergbau auf Kupfer- und Eisenerze, aber auch auf Flußspat und später vor allem auf Schwerspat.
Anfang des 18. Jahrhunderts erlebte der Flecken Lauterberg mit den reichen Kupferkiesgängen bauenden Gruben Aufrichtigkeit und Kupferrose einen regelrechten "Kupferboom". Erst zu Beginn unseres Jahrhunderts gewann das bislang wertlose, schneeweiße Gangartmineral Schwerspat (Baryt) eine immense wirtschaftliche Bedeutung. Es findet Verwendung als weißes Farbpigment, als Röntgenkontrastmittel sowie als Beschwerstoff und dient zum Strahlenschutz in der Reaktortechnik.
Etwa 20 Vorkommen standen in Abbau, bedeutende Spatmengen lieferten die Königsgrube im Siebertal (bis 1971) und die Grube Hoher Trost in der Krummen Lutter bei Bad Lauterberg (bis 1979). Unweit von hier produzierte die moderne Grube Wolkenhügel der Fa. Deutsche Baryt Industrie (DBI) etwa 100.000 t Rohspat jährlich. Im Juni 2007 endete mit der Stilllegung der Grube der aktive Bergbau im gesamten Harzraum.
An die gleichen Gangsysteme wie der Schwerspat gebunden, treten verbreitet Mittel von Roteisenerzen (Eisenstein, Eisenglanz, Roter Glaskopf) auf, die bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts in regem Abbau standen. Wichtige Gruben befanden sich am Königsberg und Eisensteinsberg bei Sieber, und am Gr. Knollen sowie am Kummel bei Bad Lauterberg. Diese Vorkommen bildeten die Basis für eine Reihe von bedeutenden Eisenhütten in diesem Raum (z.B. die Königshütte in Bad Lauterberg, 1733 - 1863 Hochofenbetrieb).
Das Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal
Im Umfeld der Oberharzer Bergstädte entstand zwischen 1536 und 1866 ein großes flächenhaftes Wasserwirtschaftssystem, das in seiner Art europaweit einzigartig ist. Seit 1978 stehen sämtliche aktiven und passiven Teile dieser Anlage unter Denkmalschutz.
Gemäß dem alten Grundsatz "Wasser müssen mit Wasser gehoben werden", diente die Wasserkraft im Montanwesen zum Antrieb von Kunsträdern (für Pumpen, sog. niedere Harzer Hubsätze, seit 1833 auch von Fahrkünsten zum Ein- und Ausfahren der Bergleute) und Kehrrädern ("Wassergöpel" zur Schachtförderung, sog. Treibwerke) außerdem in der Aufbereitung zum Zerkleinern und Trennen der Erze (Pochwerke, Erzwäschen) und schließlich auch auf den Schmelzhütten zum Antrieb der Ofen-gebläse.
Gesamtumfang der Anlage:
- etwa 120 Stauteiche
- mehr als 500 km Kunstgräben
- 18 km "Gefluder" (offene hölzerne Wasserleitungen)
- 30 km Wasserläufe und Röschen (untertägige Wasserleitungen)
Von den Harzwasserwerken werden davon derzeit "aktiv" unterhalten:
- 65 Teiche
- 69,7 km Gräben
- 19,8 km Wasserläufe
Einige alte wasserbauliche Maßeinheiten
Die Längen von Gräben wurden entweder im üblichen Lachtermaß (1 hannoverscher Ltr. = 1,92 m) oder aber in Ruthen (1 Ruthe = 4,67 m) angegeben.
Als Maß für die Durchflusskapazität eines Grabens gebrauchte man früher die Einheit "1 Rad Wasser", d.h. die Wassermenge, die zum Betrieb eines mittelgroßen Kehr- oder Kunstrades notwendig war (Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 5 - 5,8 m³/min, entsprechend 80 - 90 l/s). Der Dammgraben bei Clausthal hatte eine Durchflusskapazität von etwa 10 Rad Wasser, der Neue Rehberger Graben bei St. Andreasberg fasste etwa 5 Rad.
Einige Beispiele vom Umfang der bergbaulichen Wasserkraftnutzung
Um 1860 waren im Oberharz 193 Wasserräder und drei Wassersäulenmaschinen mit einer Gesamtleistung von 1.368 kW im Einsatz. 1922 waren es noch 11 Wasserräder, eine Wassersäulenmaschine und 28 Turbinen mit einer Gesamtleistung von 3.090 kW.
Wichtige bauliche Elemente der historischen Wasserwirtschaftsanlagen:
- Die aus Steinen und Erdreich aufgeschütteten Teichdämme sind mit einem Rasenhaupt (festgestampfte Grassoden) gedichtet
- Der Abfluss wurde mittels einer Striegelvorrichtung reguliert, manche Teiche hatten zwei Striegel ("oberer und unterer Fall") wodurch zwei Lamellen des Teichspiegels getrennt entnehmbar waren.
- Eine Widerwaage ist ein Ausgleichsbecken am Dammfuß, Einlauf des Aufschlaggrabens
- Um- und Ausfluten an Teichen dienen dazu, Hochwasser gezielt abzuleiten und Dammbrüche zu verhindern.
- Sammel-, Flut- und Aufschlaggräben dienen zum Sammeln, überleiten und Verteilen der Betriebswasser
- Gefluder und Hohlgerennesind hölzerne Wasserrinnen, die in schwierigem Gelände zur Wasserführung dienen bzw. das Wasser auf die oberschlächtigen Wasserrädern leiten.
- Wasserläufe sind untertägige Wasserleitungen (Tunnel), sie dienen zur Verkürzung von Grabentouren
- Schleiftrog ist der in der Erde eingelassene Teil einer Radstube
- Aufschlag- und Abfallröschen sind Stollen durch die das Wasser auf ein Wasserrad gelangt bzw. wieder weggeführt wird.
- Wasserlösungsstollen werden möglichst tief in Tälern oder am Gebirgsrand angesetzt und leicht ansteigend in ein Bergwerk getrieben, um die Grubenwasser auf natürliche Weise abzuführen
Zur bergbaulichen Wasserwirtschaft im Raum St. Andreasberg
Im Sankt Andreasberger Revier entwickelte sich ein eigenständiges Wasserversorgungssystem. Aus Mangel an nutzbaren Bächen in der Nähe des "oben auf dem Berg" liegenden Grubenreviers, war man gezwungen Wasser in den Einzugsgebieten von Sieber und Oder zu sammeln und durch Gräben und Stollen heranzuführen.
Literaturhinweis: 300 Jahre Neuer Rehberger Graben
Beiträge zur Bergbaugeschichte von Sankt Andreasberg Band 3, Sankt Andreasberg 2003
Übertägige Anlagen: Das System Rehberger Graben - Oderteich
Bereits im späten 16. - frühen 17. Jahrhundert (1. Periode des Silberbergbaus) entstanden folgende, heute z.T. noch vorhandenen Anlagen:
- Sonnenberger Graben: etwa 3,6 km lang (Einzugsgebiet der Sieber)
- Alter Rehberger Graben: etwa 6,6 km lang (Einzugsgebiet der Oder)
- Alter Gesehr-Wasserlauf: etwa 450 m lang
Der größte Teil der Wasserwirtschaftsanlagen entstand während der 2. Bergbauperiode, Ende 17. bis Anfang 18. Jahrhunderts:
- 1686 Instandsetzung und Verlängerung des Alten Rehberger Graben auf ca. 4.000 m, die Wasserführung erfolgte vorwiegend in hölzernen Gefludern (Halbgerennen)
- 1699 Durchschlag des 760 m langen Tiefen Gesehr-Wasserlaufes
- 1703Fertigstellung des Neuen Rehberger Grabens bis zur Oder, dieser verläuft 30 m tiefer als die alte Grabentour bis zum Einlauf des tiefen Wasserlaufes. Der neue Graben ist aus dem Felsen gehauen, z.T. ausgemauert und später teilweise mit Granitplatten abgedeckt. Länge: 7,3 km, Gefälle ca. 1:400, Durchflusskapazität ca. 400 l/s (max. "5 Rad Wasser")
- 1714 - 1721 Bau des Oderteiches; älteste Talsperre Deutschlands Der Damm entstand als zweiter im Oberharz nach der "neuen Art" mit einer Kerndichtung. Statt Grassoden verwendete man Heidensand (Granitgrus), für den Stützkörper (Zyklopmauer) gebrauchte man Hohlsteine (Granitblöcke) die behauen und trocken aufeinandergesetzt wurden. Dammhöhe 18 m, Stauinhalt 1,7 Millionen m³.
Die Wasserverteilung innerhalb des Reviers
Am Auslaufmundloch des Tiefen Gesehr-Wasserlaufes erfolgte eine Teilung der Grabenwasser:
- Strang: der 1,25 km lange Neufanger Graben (Ende des 17. Jh. angelegt) führte den Gruben des Inwendiger Zug (im Stadtgebiet gelegen) das Wasser zu.
- Strang: der 2,28 km lange Beerberger Graben (1710/11 angelegt) leitete das Wasser um den Beerberg herum zu den Gruben des Auswendigen Zuges (Wäschegrund).
Die Wasser beider Stränge vereinigten sich wieder bei der Silberhütte, die an der Einmündung des Wäschegrundes in die Sperrlutter lag und die Wasser beider Täler nutzte. Entlang von Sperrlutter (Andreasberger Tal) und Wäschegrundtal befanden sich bis zu 10 Pochwerke sowie einige Mühlen als weitere Nutzer. Im Inwendigen Zug gab es 14, im Auswendigen Zug 10 übertägige nutzbare Kunstgefälle. Um 1730 wurden mit diesen Wassern insgesamt 47 Wasserräder betrieben.
Untertägige Anlagen: Wasserlösungsstollen
Zur Entlastung der Pumpenkünste bzw. zur Verminderung deren Hubhöhe erfolgte die Auffahrung von tiefen Stollen ("Erbstollen"), um die Wasser in möglichst großer Teufe auf natürliche Art und Weise aus den Gruben abfließen zu lassen.
- Grünhirscher Stollen (Mundloch im Sperrluttertal) 1692 - 1710 bis zum Marktplatz (Felicitaser Zug), bis 1714 zum Samsonschacht, bis 1729 zum Auswendigen Zug (Grube Wennsglückt) durchgetrieben. Gesamtlänge 10.150 m, Teufe im Samsonschacht 130 m
- Sieberstollen (Mundloch bei Königshof an der Sieber) 1716 - 1754 bis zum Samson, bis 1805 zum Wennsglückter Schacht verlängert. Gesamtlänge rund 13.000 m, Teufe im Samsonschacht 190 m
Nach dem Ende des Silberbergbaus (Grube Samson 1910) erfuhren die St. Andreasberger Wassergefälle eine industrielle Nachnutzung (Holzverarbeitung Schleifereien, Papierfabrik). Bis heute dient das historische Wasserwirtschaftssystem zur Versorgung von fünf kleinen Wasserkraftwerken, von denen sich zwei im Samsonschacht, 130 m und 190 m unter Tage befinden (Stromerzeugungetwa 4,5 Mio kWh/a).
Historischer Bergbau und Kulturgeschichte im Oberharz
Der Oberharz mit seinen sieben*), einst freien Bergstädten bildete seit der frühen Neuzeit bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein weitgehend in sich geschlossenes Industriegebiet, das dadurch wirtschaftlich, sozial und kulturell landesweit eine Sonderstellung einnahm. Rund 400 Jahre lang zielte hier Alles auf die Gewinnung der Metalle Silber, Blei, Zink (erst nach 1850), Kupfer und Eisen. Nach einer mittelalterlichen Periode im 12./13. Jahrhundert kam der Erzbergbau Mitte des 13. Jahrhunderts nahezu vollständig zum erliegen. Erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts verstärkten sich die von den jeweiligen Landesherrn unterstützten Versuche, das Montanwesen wieder rege zu machen. Im Mittelpunkt stand dabei stets das Silber.
Mit dem Erlass einer Bergfreiheit für das zum Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel gehörende Territorium (1524) entstanden die Bergstädte Grund, Wildemann, Zellerfeld und Lautenthal. Durch Einwanderungen aus dem sächsischen Erzgebirge erfuhr der gewerkschaftlich organisierte Bergbau einen raschen Aufschwung und lieferte dank technischer Innovationen (Pumpenkünste) bald gute Silbererträge. 1554 folgte eine solche Freiheit für das benachbarte grubenhagensche (später hannoversche) Gebiet, wo sich die Bergstadt Clausthal schnell zum Zentrum des Montanwesens entwickelte. Etwas später wurde Altenau gegründet.
Relativ unabhängig davon war bereits 1521 für die zur Herrschaft der Hohnsteiner Grafen zählen Grafschaft Lutterberg eine Freiheit verkündet worden, die zur Gründung der Bergstadt Sankt Andreasberg führte.
Nach dieser ersten Blüte des im 16. Jahrhundert, stellte der 1618 - 1648 tobende 30jährige Krieg eine tiefe Zäsur dar, von der sich das Montanwesen erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erholte und erneut florierte. Mit der Entdeckung eines neuen sehr reichen Erzmittels im Osten der Clausthaler Lagerstätte (Burgstätter Gangzug),und 1709 die Grube Dorothea in Ausbeute kam, und 150 Jahre lang spendete, hohe Erträge die meisten Grubenreviere erneut und spendeten trotz gewisser Schwankungen reiche Ausbeuten. Der 7-jährige Krieg (1756 - 63) sowie die napoleonische Zeit 1803 - 1814 setzten der Wirtschaft abermals schwer zu.
Im 18. Jahrhundert zu den bedeutendsten Montanrevieren Europas hoch entwickelten technischen Standard. Besonders die zunehmende Tiefe Förderung und Wasserlösung bachte immense Probleme mit sich. Seit der strikten Anwendung des sog. Direktionsprinzips hatte die Bergbehörde die Betriebsaufsicht über die formal gewerkschaftlichen, staatlichen Verbundbergwerke und bedeutende Wasserlösungsstollen entstanden zunehmend verstaatlichten und nach 1788 (Ende der Communionverwaltung) hannoverschen Harz
- 1777 - 1799 der insgesamt 27,4 km Tiefe Georg Stollen
- 1851 - 1864 der insgesamt 40,2 km lange Ernst August Stollen
Wassersäulenmaschinen, Fahrkünsten und die Erfindung des Drahtseiles
Bergbau und Hüttenwesen bestimmten das Leben der Menschen oben auf dem Berg, die aufgrund der isolierten Lage Jahrhunderte lang ihre eigene Montankultur bewahrten. Einerseits herrschte in diesem früheren "Bergwerksstaat Oberharz" Vollbeschäftigung und für die Bergleute und es gab eine minimale soziale Absicherung, andererseits waren die Löhne sehr niedrig so dass 60 - 70 Arbeitsstunden pro Woche notwendig waren, um eine Familie einigermaßen versorgen zu können. Als selbständige Provinz im Königreichs Hannover gab es in der "Berghauptmannschaft Clausthal" eine eigentümlich strukturierte Administration, einen eigenen Kalender (das Bergjahr), eine eigene Sprache (die aus dem obersächsischen abgeleitete "Ewerhorzer Mundart") sowie verschiedene aus den alten Bergfreiheiten abgeleitete Sonderrechte und Benefizien. Die über viele Generationen ausschließlich in den Gruben tätigen Menschen entwickelten eine Mentalität, die sich deutlich von der, der "niedersächsischen" Flachländer unterschied. Die harte, oft gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeit von Kindheit an, prägten auch das Standesbewusstsein dieses Menschenschlages und führte zu einer den Bergleuten eigenen Solidarität!
Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts infolge von Ertragsrückgängen beim Bergbau die Arbeitsplätze immer knapper wurden, die Bevölkerung aber stark zu nahm, kam es zu erheblichen sozialen Spannungen, die sich in der Revolution von 1848 entluden. Immerhin gab es damals im Oberharz eine Konzentration von 7.000 - 8.000 Arbeitern (etwa 700 davon in St. Andreasberg), die angesichts der reformfeindlichen feudalistischen Politik Hannovers ein bedeutendes revolutionäres Potential darstellten. Als Ventil dienten u.a. staatlich geförderte Massenauswanderungen insbesondere nach Australien, so verließen etwa zwischen 1848 - 1854 etwa 2.000 Menschen den Oberharz. Erst mit der übernahme Hannovers durch Preußen (1866) änderten sich die alten verkrusteten Strukturen.
Fallende Metallpreise und hohe Produktionskosten ließen die Harzer Hüttenerzeugnisse zunehmend unrentabel werden. Trotz eingeleiteter Rationalisierungsmaßnahmen, neuer Maschinen und Techniken ließ sich der Niedergang nicht mehr aufhalten. Mit der Grube Samson wurde 1910 das letzte St. Andreasberger Silberbergwerk eingestellt. 1930 folgte das Erzbergwerk Clausthal mit dem rund 1.000 m tiefen Schacht Kaiser Wilhelm II. Überdauert haben lediglich das früher zum sogenannten "Unterharz" zählende Erzbergwerk Rammelsberg (Massivsulfiderzlager bei Goslar) bis 1988 und das Erzbergwerk Grund bis 1992, die beide hauptsächlich von der Zinkerzeugung lebten.
Kaum anderswo lassen sich die historisch gewachsenen Vernetzungen zwischen Mensch, Natur und dem Montanwesen, wozu im weiteren Sinne auch Forstwirtschaft und Wasserkraftnutzung ("Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal") zählten, eindrucksvoller aufzeigen als am Beispiel des Harzes.
*) Zellerfeld, Grund, Wildemann und Lautenthal im Wolfenbüttelschen Teil des Harzes;
Clausthal, Altenau und Sankt Andreasberg im hannoverschen Teil des Harzes
Zur Geologie der Region
Der Harz ist Teil eines sehr alten, bereits vor rund 300 Millionen Jahren aufgefalteten variszischen Gebirgszuges, der sich über ganz Mitteleuropa erstreckte, heute jedoch größtenteils unter jüngeren Gesteinsschichten verborgen liegt. Unser Mittelgebirge ist damit wesentlich älter als die "nur" rund 100 Millionen Jahre alten, viel schrofferen Alpen.
Im Erdaltertum (Silur-Unterkarbon) erstreckte sich in unseren Breiten ein ausgedehntes Meeresbecken, in das hinein während einer mehr als 100 Millionen Jahre langen Epoche wechselweise grobes und feines Verwitterungsmaterial von mehr oder weniger entfernten Festlandsgebieten geschüttet wurde. Durch das allmähliche Absenken des Meeresbodens erreichten die abgelagerten Schichten Mächtigkeiten von z.T. mehr als 2000 m. Infolge von Dehnungsbewegungen innerhalb der Erdkruste rissen wiederholt Bruchspalten auf, die bis in den Erdmantel reichten und intensive vulkanische Tätigkeiten hervorriefen. Basaltische Schmelzen stiegen bis zum Meeresboden auf und erstarrten dort zu mächtigen Lavamassen. Durch eine mit Wasseraufnahme verbundenen überprägung wandelte sich der schwarze Basalt in einen grünen Diabas um (Spilitisierung). Solche "Grünsteine" finden sich am Matthias-Schmidt-Berg oder am Oderberg. Schöne Aufschlüsse dieses Gesteins mit charakteristischen kugelförmigen Absonderungen ("Kissenlava-Strukturen") lassen sich im Wäschegrund sowie an der B 27 im Trutenbeek oberhalb von Oderhaus studieren.
Neben den vulkanisch gebildeten Diabasen besteht der Untergrund unserer Bergstadt vor allem aus schwarzen und grauen Tonschiefern, quarzreichen Sandsteinen sowie untergeordnet unreinen Kalksteinen, die alle während der Devonzeit gebildet wurden.
Die Berge nordwestlich von Sankt Andreasberg (Bereich oberes Siebertal) und südlich bzw. südöstlich davon (Sperrluttertal, Breitenbeek) bestehen ganz wesentlich aus derben Grauwacken, Grauwackenschiefern und "waschbetonartig" aussehenden Konglomeraten, sowie Ton- und Kieselschiefern aus der Zeit des Unterkarbons (sog. "Kulm"). Grauwacke ist das wohl "harztypischste" aller Gesteine! Der von Bergleuten geprägte simple Name, der für einen unreinen Sandstein steht, fand als "graywacks" auch Eingang in die englischsprachige Fachliteratur.
Während der Hauptfaltung, die während des Oberkarbons erfolgte, entstanden Faltenstränge mit SW - NE ("erzgebirgisch") streichenden Achsen und Schichtflächen. Diese Strukturen verlaufen quer oder besser gesagt diagonal zur heutigen Längserstreckung des Harzgebirges ("Diagonalscholle"). Diese NW - SE Richtung der Harzumrandung ist die Folge einer jüngeren Störungstektonik. Die vor allem durch die nördliche Randstörung der Harzscholle gegebene Richtung wird allgemein als "hercynisches Streichen" bezeichnet. Der Harz besitzt also eine SW - NE verlaufende innere Struktur und eine NW - SE verlaufende "hercynisch gestreckte Kontur" (MOHR 1984).
Der nach dem höchsten Gipfel des Mittelgebirges benannte Brockengranit, wie auch die anderen Harzer Tiefengesteinskörper (Harzburger Gabbro, Oker- und Ramberggranit) entstanden durch magmatische Intrusionen während des Ausklingens der variszischen Faltung, vor etwa 293 Millionen Jahren. Die etwa 800 °C heiße, aus in der Tiefe aufgeschmolzenen Sedimentgesteinen entstandene Masse wurde empor gepresst und blieb ca. 1 - 1,5 km tief unter der damaligen Erdoberfläche stecken, wo sie als sog. Hochpluton erstarrte und auskristallisierte. Nördlich von Sankt Andreasberg, am Sonnenberg, am Rehberg sowie an der Oder im Bereich des Oderteiches steht dieser rötliche Granit an. Während der sehr langen Abkühlungsphase bildete sich um den Granitkörper herum eine etwa 1000 m breite Hornfelszone ("Bereich der Kontaktmetamorphose"). Aus plattigen Tonschiefern oder geschichteten Grauwacken entstanden zähe und splittrige Hornfelse. Diese Bildungen lassen sich gut am Verlobungsfelsen im oberen Siebertal studieren. Der wohl berühmteste Aufschluss des Kontaktes von Granit und Hornfels befindet sich am Rehberger Graben. Der Name Goetheplatz ist darauf zurückzuführen, dass hier unser naturwissenschaftlich begeisterter Dichterfürst 1783 geologisch geforscht hat.
Während des weiteren geologischen Geschehens gewann die Abtragung zunehmend die Oberhand. Das Gebirge verebnete zu einem flachen Rumpf und versank während des oberen Perms ("Zechstein-Transgression") schließlich wieder im Meer. Fast während des gesamten Erdmittelalters lag der Harz dann unterhalb des Meeresspiegels. Ablagerungen von mehr als 1000 m Mächtigkeit, die zunächst den versenkten Gebirgsrumpf überdeckten, wurden infolge erneut einsetzender Hebungsvorgänge vollkommen wieder abgetragen. Aufgeschlossen finden wir die Sedimente von Trias, Jura und Kreide im südlichen und nördlichen Harzvorland.
Seinen markanten heutigen Umriss erhielt der Harz erst gegen Ende der Kreide, vor rund 60 - 100 Millionen Jahren, als die Harzscholle infolge tektonischer Bewegungen entlang der nördlichen Randstörung ruckweise, insgesamt etwa 3000 m emporgehoben und nordwärts auf die dadurch steilgestellten und überkippten Schichten des Vorlandes ("Subhercyn") geschoben wurde. Am Südrand fanden hingegen nur unwesentliche Bewegungen statt; entlang einer Linie Seesen - Osterode - Herzberg - Walkenried taucht das gefaltete Grundgebirge flach unter die jüngeren, ungefalteten Deckschichten ab. Weitere Hebungen des Gebirgsrumpfes im Laufe des Tertiärs führten schließlich zur Freilegung und Verwitterung der obersten Teile des Granitkörpers.
Während des Jungtertiärs (vor ca. 2 - 5 Millionen Jahren) als in unseren Breiten ein tropisches Klima herrschte, erfuhr der Granit eine tiefgründige, bis 30 m hinab setzende Zersetzung (Vergrusung). Durch Wasseraufnahme wandelten sich die Feldspäte randlich in das Tonmineral Kaolinit um. Der kompakte Gesteinsverband lockerte sich und zerfiel schließlich zu Sand. Am Oderteich oder im Bereich Waage - Fischbachtal lassen sich diese granittypischen Verwitterungsformen gut studieren: Große quaderförmige Blöcke ("Wollsäcke") liegen eingebettet in grusigen Sand. Schönstes Beispiel hierfür ist das imposante Naturdenkmal "Dreibrode-Steine" nordwestlich von Sankt Andreasberg.
Im Zuge der letzten großen Kaltzeit (Weichsel-Eiszeit) vor 80.000 - 10.000 Jahren verstärkte sich die Abtragung des Gebirges abermals. Zwar reichte die nordische Eisfront nur bis an den nördlichen Harzrand heran, doch trug der Hochharz eine eigenständige Eiskappe von der aus Gletscherzungen in die Täler herabflossen. Der nachgewiesene Odertalgletscher hatte eine Mächtigkeit von rund 50 m. Starke Schmelzwasserströme prägten die heutigen tief eingeschnittenen V-förmigen Harztäler.
1 Oberharzer Devonsattel | 7 Sösemulde | 13 Blankenburger Faltenzone |
19 Harzgeröder Zone |
2 Clausthaler Kulmfaltenzone |
8 Harzburger Gabbro | 14 Elbingeröder Komplex | 20 Selkemulde |
3 Oberrotliegendes von Seesen-Neuekrug |
9 Eckergeneis | 15 Tanner Grauwackenzug | 21 Meisdorfer Becken |
4 Okergranit | 10 Brockengranit | 16 Ramberggranit | 22 Wippraer Zone |
5 Iberg/Winterberg | 11 Acker- Bruchbergzug | 17 Sürharzmulde | |
6 Oberharzer Diabaszug | 12 Siebermulde | 18 Ilfelder Becken |
Hinweis auf: Gesteinskundlichen Lehrpfad Jordanshöhe
Wer sich in kompakter Form über die große Vielfalt der Harzer Gesteinswelt informieren möchte, dem sei ein Besuch des Gesteinskundlichen Lehrpfades auf der Jordanshöhe empfohlen. Unmittelbar an der Straße von Clausthal-Zellerfeld über Sonnenberg nach Sankt Andreasberg, kurz vor der Bergstadt befindet sich seit 1994 eine Kollektion von etwa 40 Blöcken der harztypischsten Gesteine (Hinweisschild "Harzer Gesteine"). Sowohl für Laien als auch für Fachinteressente bietet sich hier die Möglichkeit, Einblick in die regionale Petrographie zu gewinnen. Ein im Bergwerksmuseum Grube Samson, in der Touristinformation Sankt Andreasberg oder am Lehrbergwerk erhältliches Begleitheft (LIESSMANN, 1994) gibt neben einer Kurzeinführung in die Gesteinskunde nähere Auskünfte über Entstehung, Zusammensetzung und Herkunft der Exponate. Das Heft kann auch per Internet für einen postalischen Versand bestellt werden.
MOHR, K.: Harz Westlicher Teil. Sammlung Geologischer Führer 58, Gebr. Borntraeger, Berlin 1984.
LIESSMANN, W.: Harzer Gesteine. Kurzeinführung in die Petrographie am Beispiel des Gesteinskundlichen Lehrpfades Jordanshöhe bei St. Andreasberg. Sankt Andreasberg 1994.
Die Erzgänge und Mineralien von Sankt Andreasberg
Die Struktur der Sankt Andreasberger Lagerstätte geht recht anschaulich einem von WILKE (1952) erstellten Blockbild hervor. Das Gangrevier hat die Form eines Ost-West gestreckten Dreiecks, dessen größte Länge 6 km und dessen mittlere Breite etwa 1 km beträgt. Charakteristisch hierfür ist eine Ruscheltektonik mit ausgeprägten Auf- und Überschiebungen. Ruschel ist ein alter Harzer Bergmannsausdruck für eine größere nicht mineralisierte Störung, die nur zerriebenes ("verruscheltes") Nebengestein und zum Teil auch Lettenton enthält. Die Bergleute sprachen wegen der geringen Standfestigkeit des Gesteines auch von "Faulen Ruscheln".
Innerhalb des nach Osten hin offenen Ruschelkeils setzen mehr als 20 Erzgänge auf. Im Norden bildet die etwa 70 - 80° streichende, nach Süden einfallende Neufanger Faule Ruschel die Reviergrenze. An ihr wurden die Devonschichten der St. Andreasberger Scholle etwa 500 m weit auf die kulmische Siebergrauwacke aufgeschoben. Im Süden schneidet die 100 - 110° streichende, steil nach Südosten einfallende Edelleuter Ruschel alle anderen Störungen ab und stellt die Grenze zur großen Diabasmasse des Matthias-Schmidt-Berges dar. An ihr fanden komplizierte, meist abwärts gerichtete Bewegungen mit bis zu 400 m Sprunghöhe statt. Wenn auch nicht die Mineralisation, so war doch die Anlegung der Bruchstrukturen eng mit der Platznahme des Brockengranits verbunden.
Innerhalb des Ruschelkeils bildeten sich Nordwest-Südost streichende Scherklüfte, die anfangs geschlossen waren, sich aber öffneten, als die Südscholle längs der Edelleuter Ruschel absank. Die geöffneten, steil nach Nordosten einfallenden Bruchspalten bildeten später die Aufstiegsbahnen für heiße Erzlösungen, die unter bestimmten Bedingungen ihre komplexe Metallfracht in vorhandenen Hohlräumen ausschieden. Durch ihre stauende Wirkung trugen die vorhandenen Ruschelflächen maßgeblich zu einer Konzentration der Vererzung auf verhältnismäßig engem Raum bei.
Verglichen mit den bis 10 m breiten Erzgängen des westlichen Oberharzes, weisen die Andreasberger Gänge nur geringe mächtigkeiten von 0,1 - 3 m auf. Für die abgebauten Gänge kann ein Durchschnittswert von 0,4 - 0,5 m angenommen werden. Von den etwa 15 wirtschaftlich interessanten Gängen waren der etwa 1,2 km lange Samson-Andreaskreuzer-Gangzug und der 1,5 km lange Dorotheer Jacobsglücker-Gangzug die Auf dem bis 1910 gebauten Samsoner Hauptgang traf man noch in 800 m Tiefe Silberreicherzfälle an.
Die Mineralisation war kein einmaliges Ereignis, sondern erfolgte mehrphasig, unterbrochen durch tektonische Bewegungen, in deren Folge alte Mineralauscheidungen zerbrachen, zum Teil wieder aufgelöst und durch neue ersetzt wurden.
Blockbild zur Tektonik der St. Andreasberger Lagerstätte ("Ruschelkeil")
Der Keil ist staffelförmig nach Osten gegen den Brockengranit abgesunken
Neufanger Ruschel = Aufschiebung;
Edelleuter Ruschel = Aufschiebung, später Abschiebung;
RG = Ruschelgänge (Diagonal-Blattverschiebungen)
SG = Spaltengänge (Abschiebungen)
Weltberühmte Mineralienschätze
Weltruhm erlangte die Bergstadt Sankt Andreasberg nicht so sehr durch die Menge des hier gewonnenen Silbers - ca. 300 t, das entspricht etwa 5 % der Ausbeute des Clausthaler Reviers - als vielmehr durch das Auftreten außergewöhnlicher Silberminerale, die nicht selten konzentriert in sogenannten Reicherzfälle angetroffen wurden. Hinzukommen prachtvolle Kalkspatkristalle, die in einer erstaunlichen Formenvielfalt ausgebildet sind, verschiedene Arsen-, Antimon-, Nickel- und Kobaltminerale, Selenide, sowie zahlreiche, zum Teil seltene Vertreter aus der zu den Silikaten gehörenden Familie der Zeolithe.
Bis heute sind aus diesem Revier mehr als 120 Mineralarten beschrieben worden. Die speziellen Kombinationen der St. Andreasberger Mineralgesellschaft ("Paragenese"), gibt es sonst nirgendwo anders auf der Erde. Aus großen Drusenhohlräumen konnten herrlich auskristallisiert Mineralienstufen geborgen werden.
Im 19. Jahrhundert bereits durch eine Mineralienniederlage vertrieben, sind Exponate aus St. Andreasberg heute in vielen großen Mineraliensammlungen auf der ganzen Welt zu finden.
Für einige Mineralarten gilt Sankt Andreasberg als Typlokalität, d.h. diese wurden hier entdeckt und erstmals wissenschaftlich beschrieben:
- Breithauptit NiSb
- Argentopyrit AgFe2S3
- Samsonit Ag4MnSb2S6.
Quasi gilt das auch für das Mineral Harmotom ("Kreuzstein"), einem Vertreter der Zeolithfamilie, der ursprünglich sogar einmal "Andreasbergolith" heißen sollte!
Hauptminerale sind Bleiglanz (relativ silberarm), Zinkblende, Kupferkies und Tetraederit (mit 0,5 - 5 Gew.-% Ag). Einzigartig im Harz ist das Auftreten von gediegen Arsen ("Scherbenkobalt") und Antimon, beide wurden oft zusammen mit den Silbererzen gebildet.
Wichtigste Silberträger sind Dyskrasit (Ag3Sb), Pyrargyrit = Dunkles Rotgültigerz (Ag3SbS3), untergeordnet treten damit verwachsen auch Stephanit (Ag5SbS4), Polybasit ((Ag,Cu)16Sb2S11) und Miargyrit (AgSbS2) auf. Von den lokal stark angereicherten Fe-Ni-Co-Arseniden sind besonders Löllingit (FeAs2), Gersdorffit (NiAsS), Niccolit (NiAs) und Rammelsbergit (NiAs2) und Skutterudit ((Co,Ni)As2-3) hervorzuheben.
In früheren Zeiten traf man insbesondere nahe der Erdoberfläche im Bereich der Grundwasserzone auf erhebliche Silberanreicherungen. In dieser sog. Zementationszone fand sich auch gediegen Silber, in Form von Locken, Blechen, zackigen Massen oder moosartigen überzügen. Eine Eigentümlichkeit dieser Zone war das früher beobachtete Auftreten von silbereichen, grünlichgrauen Krusten, die man wegen ihrer ähnlichkeit mit Vogelexkrementen "Gänsekötigerz" nannte. Zeitgenössische Autoren berichten vom "Buttermilcherz", das als grauer, flüssiger Brei mit Kellen aus Ganghohlräumen geschöpft werden konnte. Mineralogisch handelt es sich bei diesen Erzen um Gemenge von verschiedenen Tonmineralen und dem Silberträger Chlorargyrit (AgCl).
Unter bestimmten Bedingungen kann das bei der Verwitterung im "eisernen Hut" der Lagerstätte freigesetzte Silber auch von den braunen bis schwarzen Eisen- und Manganmulmen, ein Uberbleibsel des weggelösten Braunspats, in nicht unwesentlichen Mengen aufgenommen werden.
Vereinfachtes Schema der Mineralisationsabfolge im Sankt Andreasberger Silbererzrevier
(verändert nach Wilke 1952)
Mineralienbilder von Fred Schuster
Foto Silbererzgang auf Hundsstrecke/ Grube Samson
Zur Bergbaugeschichte des Sankt Andreasberger Reviers
Ob es in Sankt Andreasberg bereits im Mittelalter bergbauliche Aktivitäten gegeben hat, ist spekulativ. Lediglich für das Odertaler Revier (östlich von Sankt Andreasberg) kann dieses in Betracht kommen. Die erste urkundliche Erwähnung des Bergbaus am "andrew berge" liegt aus dem Jahre 1487 vor. So konnte 1987 das 500jährige Bestehen der Bergstadt feierlich begangen werden.
Ein andauernder Bergbaubetrieb entwickelte sich erst rund 30 Jahre später, als 1520 "in einer Klippe am Beerberge ein handbreiter Gang mit Glanzertz und reichhaltigen Nestern Rotgülden angeschlagen ward", wie es in einem zeitgenössischen Bericht heißt. Als diese ersten lohnende Silberfunde zukünftigen "Bergsegen" versprachen, erließen die Hohnsteiner Grafen für ihr Territorium nach sächsischem Vorbild eine Bergfreiheit (1521, wiederholt 1527), um Fachkräfte ins Land zu holen. Die Nachricht von den neu entdeckten Silbererzgänge führte bald zu einer regen Einwanderung von Bergleuten aus dem sächsischen und böhmischen Erzgebirge, z.B. aus Sankt Joachimsthal (heute Jachymov), wo der Bergbau damals in einer Krise steckte. Das "große Berggeschrei", wie man zeitgenössisch die Nachricht von bedeutenden Silberfunden nannte, zog nun scharenweise Menschen in die rauhe Wildnis der Berge, wo zunächst ziemlich planlos geschürft wurde. Das was sich dort damals abspielte, läßt sich wohl am treffendsten mit dem Wort Silberrausch beschreiben. Bei den vielen kleinen Zechen "oben auf dem Berg" gab es nur kleine primitive Behausungen. Wohnsitz der Bergbevölkerung, wie auch Sitz der Verwaltung war zunächst der nahe am Harzrand gelegene Flecken Lauterberg.
Mit dem Erlass einer Bergordnung (1528), die den Betrieb der Gruben rechtlich regelte und der Einrichtung eines Bergamtes als Aufsichtsbehörde gerieten Leben und Arbeit in geordnete Bahnen. Es begann eine lange, sehr wechselvolle Montangeschichte, in deren Mittelpunkt stets das begehrte Münzmetall Silber stand. Direkt bei den Gruben entstand eine feste Siedlung, benannt nach dem heiligen Andreas, dem Schutzpatron der Mansfelder Bergleute. 1537 erhielt sie Stadtrechte und wurde bekannt als eine der sieben freien Oberharzer Bergstädte. Wenige Jahre später umfasste der Ort bereits 300 Häuser, gleichzeitig standen 116 Zechen im Betrieb.
Koch Riss - St. Andreasberg 1606
Um 1570, als der Silberbergbau seine erste große Blütezeit
erlebte, wohnten 7000-8000 Menschen in der Bergstadt. Die Gruben wurden
von Gewerkschaften betrieben. Das Kapital kam von privaten Investoren
etwa aus Halberstadt, Hildesheim, Magdeburg, Lüneburg, Leipzig und
Hamburg, die sich vom Silberbergbau hohe Renditen versprachen. Den
reichen Anbrüchen auf den steil einfallenden Erzgängen folgend, hatten
einige Schächte Ende des 16. Jahrhunderts bereits Tiefen von 80-100 m
erreicht. Zur Ableitung der zufließenden Grundwässer wurden von den
Tälern her frühzeitig Stollen in Angriff genommen, die auch zur
Erkundung der Erzgänge dienten:
- St. Johannes Stollen: 1529 im Wäschegrund angesetzt; Gesamtlänge etwa 1450 m
(auf Morgenröther-, Jacobsglücker-, und Reiche Troster Gang) - Edelleuter Stollen: 1534 im Wäschegrund angesetzt;
Gesamtlänge etwa 1760 m
(auf Edelleuter-, Andreaskreuzer-, und Morgenröther Gang) - St. Jacobsglücker Stollen: um 1534 am Beerberg angesetzt, Gesamtlänge ca. 1000 m
(auf Jacobsglücker- und Reiche Troster Gang) - St. Annen Stollen: um 1533 am Beerberg angesetzt, Gesamtlänge etwa 530 m
(auf Reiche Troster- und Redensglücker Gang) - Spötter Stollen: 1536 im Samsoner Grund angesetzt; Gesamtlänge 1280 m
(auf Felicitaser-, Gnade Gotteser- und Samsoner Gang) - Fürstenstollen: um 1533 im Andreasberger Tal angesetzt,
Gesamtlänge 500 m
(auf Felicitaser- und Gnade Gotteser Gang)
Unterhalb dieser Stollen setzten Wasserschwierigkeiten dem weiteren Vordringen des Bergbaus bald ein Ende. Zum effektiven Betrieb von Pumpenkünsten fehlte es an genügend Aufschlagwassern. (siehe Wasserwirtschaft)
Angesicht nachlassender Ausbeuten zogen viele Kapitalgeber ihr Geld ab. Eine Zeche nach der anderen wurde aufgelassen. Die Bergleute, die nun vielfach ohne Arbeit dastanden, "verliefen sich" wieder, d. h. sie zogen fort in andere Bergbaureviere. Schon 1575 erzielten von den 39 hier bauenden Gruben nur noch 2 einen überschuss. Elend und Not prägten Ende des 16. Jahrhunderts das Leben in der Bergstadt. 1577 und 1596 dezimierten Pestepidemien die schlecht ernährte Bevölkerung auf weniger als 2000 Seelen. Als der 30-jährige Krieg in den 1620er Jahren den Harz erreichte, lagen bereits alle Gruben brach. Mehr schlecht als recht lebten die Menschen von Waldarbeit, Köhlerei oder Holzhandwerk. Einige versuchten ihr Glück als Eisensteiner auf den Gruben im oberen Siebertal. Allein aus dieser ersten Betriebsperiode, die von 1520 bis 1620 dauerte, sind die Namen von 267 Gruben überliefert!
Nach dem 30-jährigen Krieg war die Bevölkerung auf dem Harz stark dezimiert. Zur Belebung des Bergbaus fehlte es außer an Arbeitskräften auch am notwendigen Kapital. Während sich der westliche Oberharz (Clausthaler Revier) bereits um 1660 erholt hatte, kam der Sankt Andreasberger Silberbergbaus nur sehr zögerlich wieder in Gang. Trotz zahlreicher Versuche sowohl seitens der Stadtverwaltung als auch seitens des Landesherrn und privater Investoren, dauerte es noch rund 30 Jahre, bis wieder ein kontinuierlicher Grubenbetrieb zu Stande kam. Der unweit vom Marktplatz liegende König Ludwig, war die erste Grube, die 1674 --- nach einer Stagnationszeit von fast 60 Jahren --- wieder einen überschuss erwirtschaftete und an die Gewerken Ausbeute verteilte. Aus diesem Anlass wurde ein neuer Andreastaler mit der Umschrift "St. Andreas reviviscens" geprägt. Zwischen 1695 und etwa 1730 erlebte der Bergbau eine zweite Blütezeit, die mit einer Jahresproduktion von durchschnittlich 0,9 t Silber die erste noch übertraf. Es standen etwa 25 größere Gruben, alles Schachtbetriebe, über längere Zeiten kontinuierlich in Abbau.
Obwohl die Gruben formal den Gewerken gehörten, lag die Betriebsführung jetzt allein in den Händen des kurfürstlich-hannoverschen Bergamtes in Clausthal. Seit 1663 unterhielt die Herrschaft in Sankt Andreasberg eine Außenstelle ("Unterbergamt"), das mit einem Vizebergmeister, einem Bergschreiber und einigen Geschworenen besetzt war. Die straffe Organisation des Berg- und Hüttenwesens, ebnete den Weg für stärkere Investitionen des Staates. Nur so konnten aufwendige, für die Weiterentwicklung des Bergbaus, dessen einzige Hoffnung in der Tiefe lag, unverzichtbare Maßnahmen, wie der Bau eines tiefen Erbstollens (Grünhirscher Stollen) oder die Verbesserung Betriebswasserversorgung (Rehberger Graben und Oderteich), überhaupt bestritten werden. Im Jahr 1724, als die Bergbauwirtschaft ihren Höhepunkt erreichte, lieferte das Revier fast 2.000 kg Silber und schüttete rund 30.000 Taler Ausbeute aus. In Sankt Andreasberg waren damals rund 480 Berg- und Hüttenleute sowie 200 Pochkinder beschäftigt.
Mit dem 1716 im Siebertal bei Königshof angesetzten, unter dem Sieberberg durchgetriebenen Sieberstollen, der im Revier 60 m mehr Teufe als der bisherige Erbstollen einbrachte, konnte die Wasserhaltung entscheidend verbessert werden. Nach einer Bauzeit von 39 Jahren erreichte das rund 4 km lange Stollenort 1755 die Gruben Samson und Catharina Neufang.
Nach 1730 ließ der Silbersegen wieder nach. Einige der bis dahin sehr erfolgreichen Gruben, wie z.B. der dem König Ludwig benachbarte St. Andreas, mussten wegen zu großer, nicht mehr beherrschbarer Schachttiefe (immerhin mehr als 500 m!) um 1740 eingestellt werden. Die meisten Gruben konnten sich finanziell selbst nicht mehr tragen. Um den Bergbau nicht "über den Haufen" gehen zu lassen, wurde dieser mit Mitteln aus der Clausthaler Bergbaukasse und der Zehntkasse stark subventioniert. Abgesehen von Waldarbeit, Köhlerei und Wegebau gab es keine anderen Arbeitsmöglichkeiten in dieser Region.
Durch den Siebenjährigen Krieg (1756-1763), der französische Besatzung, hohe Kriegssteuern und Inflation mit sich brachte, spitzte sich die Lage des "Harzhaushaltes" weiter zu. Die Zahl der auf den Silbergruben beschäftigten Bergleute sank von 480 (1730) auf weniger als 200 (1762). Um die Menschen nicht verhungern zu lassen, förderte die Bergbehörde auf Kosten der öffentlichen Kassen durchgeführte "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen", um nach neuen Erzmitteln zu suchen; was auf dem "Inwendigen Zug" schließlich auch gelang. Nach der 1814 endenden krisengeplagten napoleonischen Zeit setzte nochmals ein kurzer steiler Aufschwung ein. Nachdem um 1820 die letzten Gruben am Beerberg ("Auswendiger Zug") eingestellt worden waren, konzentrierte sich die Erzgewinnung nur noch auf wenige Gruben im Inwendigen Zug, nämlich Samson, Catharina Neufang, Gnade Gottes, Bergmannstrost, Abendröthe und St. Andreaskreuz.
In den Jahren 1822-24 erreichte die Sankt Andreasberger Silberproduktion mit etwa 3 t jährlich ihr absolutes Maximum. Danach gingen die Erträge unaufhaltsam zurück. Verschiedene technische Neuerungen, wie Fahrkunst (1837 im Samson eingebaut), Drahtseil (nach 1834) und bessere Sprengmittel oder die Zusammenlegung mehrerer kleiner Gruben zu größeren Betriebseinheiten brachten nur kurzfristig kleine Aufschwünge und änderten nichts am generellen Produktionsrückgang. Erst um 1850 wurde die Erzgewinnung vom Strossenbau auf den Firstenbau umgestellt, hierdurch steigerte sich die Abbauleistung auf 70-80 kg Roherz pro Mann und Schicht (in Clausthal bei allerdings ganz anderen Gangverhältnissen betrug diese Leistung damals bereits das Doppelte!). Zwar konnten nun größere Mengen der noch anstehenden silberarmen Bleierze mit Vorteil gewonnen werden, doch zur Auffindung der sehr absetzigen Silberreicherzfälle erwies sich die Vorrichtung mit Feldörtern und Absinken als zu grobes Raster! Einem zunehmend verfallenden Silberpreis hatten die extrem tiefen Bergwerke nichts entgegen zu setzen. Die Gewinnungskosten blieben unverändert hoch, so dass das Bergwerk immer stärker in die roten Zahlen geriet.
Nach der 1866 erfolgten Annektion Hannovers durch Preußen fielen die letzten Sankt Andreasberger Gruben an den preußischen Fiskus. Damit vollzog sich 1867 eine völlige Neuorganisation des Bergbaus. Als Staatsbetrieb unterstand das als "Vereinigte Gruben Samson" zusammengeschlossen Bergwerk nun einer Berginspektion. Der Staat behielt damit lediglich den "Inwendigen Zug" als ein fiskalisches Grubenfeld mit den Schächten Samson, Catharina Neufang, Gnade Gottes und Bergmannstrost. Es erfolgte zunächst eine "Gesundschrumpfung", wobei die Beschäftigtenzahl von 800 um 1860 unter hannoverscher Hoheit auf 290 (1870) sanken. Der östlich daran angrenzende bereits eingestellte "Auswendige Zug" wurde unter dem Namen "Andreasberger Hoffnung" von einer Privatgesellschaft neu gemutet und in Betrieb genommen. Allerdings blieb dort der Abbau im Bereich des Neuen Glückaufer und Claus Friedricher Ganges (Beerberger Stollen) bedeutungslos und wurde 1897 wieder eingestellt.
Fallende Silberpreise, schlechte Aufschlüsse und Jahre großen Wassermangels bedrohten ständig die Existenz der Grube. Anlass zu neuen Hoffnungen gaben bald einige größere Reicherzfälle, die 1888 erschlossen wurden. Gleichzeitig versuchte man durch Einführung des maschinellen Bohrens (1889) und dem Bau einer neuen Zentralen Erzwäsche (Aufbereitung) in unmittelbarer Nähe des Samsons nun auch die vorhandenen Armerze kostengünstig gewinnen und verarbeiten zu können. Trotz dieser erheblichen Investitionen ließ sich der Niedergang nicht aufhalten. Seit 1877 mußten zur Kapazitätsausnutzung der Silberhütte immer mehr Importerze eingesetzt werden.
Am 31. März 1910 wurde schließlich die letzte Schicht auf der Grube Samson verfahren, die Belegschaft war zuletzt nur noch 80 Mann stark. Zwei Jahre später mußte auch die ebenfalls unrentable Silberhütte stillgelegt werden. Damit endete der Andreasberger Silberbergbau nach 420 Betriebsjahren.
Abgesehen von den meist zugewachsenen oder überbauten Halden erinnert über Tage heute kaum etwas daran, dass es in diesem, mit einer Fläche von etwa 2,5 km2 relativ kleinen Revier einst an die 300 Silberzechen gegeben hat. Unter der Bergstadt erstreckt sich eine labyrinthartige Unterwelt, die "Dank des festen Gesteins" auch nach vielen hundert Jahren weitgehend offensteht. Dies zumindest oberhalb der Sieberstollensohle, denn alle darunter liegenden Baue stehen seit Abschalten der Pumpen, vermutlich bis in alle Ewigkeit unter Wasser! Die Strecken des "alten Mannes" weisen zusammengerechnet eine Gesamtlänge Länge von 70-80 km auf. Der tiefste Abbaupunkt im Revier auf dem Samsoner Gang befand sich 810 m unter Tage.
Gruben im Sankt Andreasberger Revier
In diesem Abschnitt sind die wichtigsten Gruben des Sankt Andreasberger Silbererzreviers zusammengestellt. Die Gesamtzahl der einst rund um die Bergstadt betriebenen Silberzechen kann auf etwa 300 geschätzt werden. Viele davon waren allerdings nur kleine, unbedeutende Versuchsbaue, die nur wenige Jahre in Betrieb standen. Allein aus der ersten Betriebsperiode zwischen 1520 und 1630 sind nach HONEMANN (1754) die Namen von 267 Gruben überliefert. Nach der Wiederaufnahme in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kamen etwa 60 weitere Namen hinzu, die aber oft nur neue Bezeichnungen für alte, lange aufgelassene Zechen darstellten. Geländekartierungen, einhergehend mit dem Studium des im Landesbergamt Clausthal vorhandenen Rißmaterials ergaben rund 200 lokalisierbare Grubenobjekte (Schächte und Stollen). Etwa 30 Gruben kam eine wirtschaftliche Bedeutung zu; sie standen über lange Zeit in Betrieb und lieferten die Hauptmenge des produzierten Silbers (insgesamt ca. 300 t).
Das Erzrevier läßt sich in zwei markante Teilbereich untergliedern, den Inwendigen Zug im Stadtgebiet und den Auswendigen Zug östlich des Wäschegrundtales am Beerberg.
"Inwendiger Zug"
Nr. | Grube/Schacht | Betriebszeiten | Teufe |
1 | Kupferblume (Neuer Prinz Maximilian) | 1716 - 1808 | 227m |
2 | Fünf Bücher Mosis (neu) | 1717 - 1757 | 230m |
3 | Felicitas | 1672 - 1763; 1826 - 1867 | 518m |
4 | König Ludwig | 1662 - 1809 | 350m |
5 | Sankt Andreas | 1644 - 1749 | 503m |
6 | Sankt Moritz | um 1538 - 1616; 1662-1716 | 130m |
7 | Gnade Gottes | vor 1590 - 1630; 1662 - 1910 | 285m |
8 | Bergmannstrost | 1767 - 1910 | 245m |
9 | Catharina Neufang | vor 1575 - 1624; 1662 - 1874 | 438m |
10 | Samson | 1521 - nach 1621; 1662-1910 | 792m |
11 | Abendröthe | 1692 - 1721,1732 - 1910 | 162m |
12 | St. Andreaskreuz | 1537 - 1608; 1690 - 1866 | 520m |
13 | Morgenröthe | vor 1595 - 1617; 1691 - 1769 | 175m |
"Auswendiger Zug"
Nr. | Grube/Schacht | Betriebszeiten | Teufe |
14 | Drei Ringe (vormals Altes Creuz) | vor 1596 - 1621; 1646 - 1722 | 115m |
15 | Neues Glückauf | 1770 - 1786; 1866 - 1895 | 135m |
16 | Weinstock (alt) | vor 1596; 1662 1728 | 209m |
17 | Weintraube | 1710 - 1728 | 234m |
18 | Weinblüthe | 1710 - 1728 | 170m |
19 | St. Moritz & Casselsches Glück | 1698 - 1729 | 154m |
20 | Redensglück | 1766 - 1784 | 70m |
21 | Neuer Gottes Segen | 1767 - 1812 | 210m |
22 | Claus Friedrich | um 1788 - 1812 | 175m |
23 | St. Jacobsglück | 1534 - nach 1606; 1661- 1763 | 271m |
24 | Silberner Bär | 1675 - 1818 | 110m |
25 | Wennsglückt | 1691 - 1751; 1787 - 1812 | 352m |
26 | Silberburg | 1692 - um1730 | 175m |
27 | Engelsburg (im Breitenbeek) | 1542 - 1621;1660 - 1765 | 291m |
Der Montanhistorische Lehrpfad am Beerberg in Sankt Andreasberg erschließt dem Besucher die zahlreichen Sehenswürdigkeiten im Auswendigen Zug. Der Besucher wird durch 39 Hinweistafeln und Lageskizzen auf Wanderwegen am Beerberg geführt. Ein Faltblatt zum Montanhistorischen Lehrpfad ist im Bergwerksmuseum Grube Samson und in der Kurverwaltung erhältlich.
Wichtige Wasserlösungsstollen
Name | Baubeginn / Bauzeit | Länge | |
A | Spötterstollen | 1536 begonnen | 1280 m |
B | Fürstenstollen | 1533 begonnen | 500 m |
C | St.Annenstollen | 1um 1550 begonnen | 530 m |
D | St. Jacobsglücker Stollen | um 1534 begonnen | 1000 m |
E | St. Johannes Stollen | 1529 begonnen | 1450 m |
F | Edelleuter Stollen | 1534 begonnen | 1760 m |
G | Grünhirscher Stollen | 1692 - 1714 (1730) | 10.150 m |
H | Sieberstollen | 1714 - 1754 (1805) | 13.000 m |
Der Beerberg - Ein montangeschichtliches Freilichtmuseum
Während die meisten Bergbauanlagen des "Inwendigen Zuges", der sich unter dem Stadtgebiet von St. Andreasberg erstreckt, infolge starker Bebauung kaum mehr zu erkennen sind, liegen die alten Grubenrelikte des sogenannten "Auswendigen Zuges", der sich östlich des Wäschegrundtales anschließt, meist gut erhalten im lichten Laubmischwald.
Um Gästen Gelegenheit zu geben, sich bei einem Spaziergang mit der Erdgeschichte sowie den Zeugnissen der montanen Vergangenheit vertraut zu machen, wurde hier 1988 ein "geologisch-bergbauhistorischer Rundwanderweg" ausgeschildert. Versteckt im Wald finden wir ein wahres Freilichtmuseum. Hier am Beerberg befand sich die Stelle, wo 1520 in einem zu Tage ausstreichenden Gang die ersten wirklich reichen Silbererze entdeckt wurden. Auf einem rund 2 km langen Rundweg erfährt der Wanderer anhand von 39 gelben Tafeln, die in Form einer stilisierten Tanne ("Dennert-Tafel") gefertigt sind, Spannendes und Wissenswertes zu Stollenmundlöchern, Schachtpingen, Radstuben, Lochsteinen, ehemalige Kunstgräben und anderen montanhistorisch interessanten Stätten. Hingewiesen wird außerdem auf interessante geologische Aufschlüsse. Bei der Touristinformation oder im Bergwerksmuseum ist hierzu ein Faltblatt erhältlich.
Was nicht jeder Wanderer zu Gesicht bekommt
Die eigentliche historische Bedeutung dieses Berges und den hohe Wert den das Areal für die Montanforschung darstellt, kann der Wanderer über Tage allerdings nur erahnen, denn er steckt in der Tiefe verborgen. Dank des sehr standfesten Gebirges, ist hier eine "Unterwelt" mit rund 10 - 12 km alter Strecken und Stollen weitgehend erhalten gebliebene. Diese zu erforschen und teilweise zugänglich zu machen, hat sich die 1988 gegründete Arbeitsgruppe Bergbau im St. Andreasberger Verein für Geschichte und Altertumskunde e.V. auf die Fahne geschrieben. Das von dieser Organisation betriebene Lehrbergwerk Grube Roter Bär bietet Gelegenheit Einblick zu nehmen in eine Welt, in der die Zeit scheinbar stehen geblieben ist.
Es liegt im Bärener Tal, etwa 500 m nordöstlich vom Großparkplatz im Wäschegrund (Superrutschbahn, Skihänge). Der Zechenplatz und das Gebäudeensemble an der Einmündung des Kälbertals sind kaum zu übersehen
Die Infotafeln des Geologisch-bergbaugeschichtlichen Wanderweges am Beerberg
- Tafel 1 / 2 Gruben Silberner Bär und Verlegte Silberburg
- Tafel 3 / 4 Halde der Gruben Wennsglückt und Roter Bär / Lehnschaft Lichelsburg
- Tafel 5 / 6 Grube Neuer Gideon / Diabas
- Tafel 7 Grube Roter Bär
- Tafel 8 Zechenplatz Lehrbergwerk Grube Roter Bär
- Tafel 9 Grube Wennsglückt
- Tafel 10 Radstube der Grube Wennsglückt
- Tafel 11 Aufschlaggraben der Grube Wennsglückt
- Tafel 12 Erste Silberfunde um 1520
- Tafel 13 Mundloch des Sankt Annen Stollen
- Tafel 14 / 15 Reicher Troster- und St. Jacobsglücker Gang
- Tafel 16 St. Jacobsglücker Abfallrösche
- Tafel 17 St. Jacobsglücker Tagesschacht
- Tafel 18 / 19 Kehrradstube und Halde der Grube St. Jacobsglück
- Tafel 20 / 21 Alte Pingen und Schürflöcher
- Tafel 22 Aufschlaggraben der Grube St. Jacobsglück
- Tafel 23 Grenzstein der Grube Gottes Segen
- Tafel 24 / 25 GrubeGottes Segen / Radstube
- Tafel 26 Grube Weinblüthe
- Tafel 27 Edelleuter Ruschel
- Tafel 28 Bergbaukassenort am Matthias Schmidt Berg
- Tafel 29 / 30 Grube St. Georg / Alter Erzabfuhrweg
- Tafel 31 Grube Weintraube
- Tafel 32 Grube Weinstock
- Tafel 33 Grube Neues Glückauf
- Tafel 34 Tonschiefer
- Tafel 35 Mundloch des Beerberger Tagesstollens
- Tafel 36 St. Andreaskreuzer Pochwerk
- Tafel 37 Grube Drei Ringe
- Tafel 38 Grube St. Andreaskreuz
- Tafel 38a Kehrradstube der Grube St. Andreaskreuz
- Tafel 39 Grube Morgenröthe
Die einzelnen Stationen werden in dem Buch "Der Bergbau am Beerberg bei Sankt Andreasberg" genauer beschrieben.
Die Eisenerzgrube Roter Bär
Die im Bärener Tal am Fuß des Knöchels, östlich der Bergstadt gelegene ehemalige Eisenerzgrube bildet heute den Kern des Lehrbergwerks Grube Roter Bär.
Der Abbau von Brauneisenerzen, die hier als linsenförmige Einlagerungen in einer mitteldevonischen Tonschiefer - Kalkstein - Serie vorkommen, begann etwa um 1800 und endete Mitte der 1860er Jahre. Die von Privatleuten ("Eigenlehnern") betriebene Grube förderte mit einer Belegschaft von nur 4 - 6 Mann jährlich rund 50 - 60 t Eisenstein. Das recht weiche, oft tonartige Erz war ohne Bohr & Schießarbeit nur mit Keilhauen gewinnbar. Durch einfache Handklaubung wurde es auf 35 - 40 % Fe angereichert. Einziger Abnehmer war die staatlich-hannoversche Königshütte in Lauterberg (gegründet 1733).
Trotz nur mittelmäßiger Eisengehalte war dieses Erz dort wegen seiner guten Verhüttbarkeit und erhöhter Mangananteile sehr gefragt. Verschnitten mit Roteisenerzen aus dem Siebertal ließen sich daraus gutes Schmiede- und Seileisen produzieren. Während dieser Periode entstand relativ oberflächennah ein Netz von Abbauörtern mit einer Gesamtlänge von mehr als 1.000 m. Heute sind diese größtenteils verfüllten oder verbrochenen Abbauen nur noch an wenigen Stellen zugänglich.
Mit dem übergang Hannovers an Preußen (1866) und der Einstellung des Holzkohlenhochofens auf der Königshütte (1871), fand das Erz des Roten Bärens keinen Absatz mehr. Die Grube wurde aufgelassen und verfiel.
10 Jahre nach der Einstellung des Sankt Andreasberger Silberbergbaus (Grube Samson, 1910) wurde die alte Zeche von der in Groß-Bülten bei Peine ansässigen Firma Ilseder Hütte im Rahmen eines landesweiten Explorationsprogramms wieder aufgewältigt. Obwohl sich rasch die Unbauwürdigkeit der verstürzten und praktisch ausgeerzten Lagerstätte herausstellte, dehnte man die Suche nach 1923 auf bis dato noch unbekannte Metallerzgänge aus.
Rund 10 Jahre lang trieb man Suchörter nord- und nordostwärts in den Berg und beschäftigte bis zu 42 Bergleute. Nicht nur im Niveau des Tagesstollens, sondern auch in 170 m Tiefe auf der Sohle des Sieberstollens, (Erbstollen des Sankt Andreasberger Reviers) wurde die Erzsuche aufgenommen. Vom Wennsglückter Gang aus, wo der Stollen ausgelängt war, entstand das 700 m lange nordwärts gerichtete Bärener Querschlag. Trotz der Auffahrung von Suchörtern mit einer Gesamtlänge von rund 4 km gelang es nicht, wirtschaftlich gewinnbare Erzvorkommen nachzuweisen. Die entdeckten geringmächtigen und relativ metallarmen Gangstörungen (Hermannsglücker-, Wilhelmglücker- und Ernst Gang) erwiesen sich immerhin als mineralogisch sehr interessant. Hervorzuheben sind arsenidische Nickel-Kobalt-Erze, sowie eine komplex zusammengesetzte Selenid-Mineralisation.
Die Grube Roter Bär als Besucherbergwerk
Im Jahr 1931 übernahm der neu gegründete Sankt Andreasberger Verein für Geschichte und Altertumskunde e.V. die Grube und richtete hier das erste Harzer Besucherbergwerk ein. Nach 10 Jahren kam der Führungsbetrieb wegen des Zweiten Weltkrieges zum Erliegen. Die Anlage, die nun als Luftschutzraum diente, rettete während der Kampfhandlungen im April 1945 vielen hierher geflüchteten Menschen das Leben.
Von 1947 - 1949 fanden abermals erfolglos gebliebene Abbauversuche auf Tonminerale im Ostfeld der Grube statt. Als sich der Geschichtsverein Anfang der 1950er Jahre der Schaffung eines Bergwerksmuseums auf der Grube Samson widmete, übernahm der damalige Besitzer des Grubenfeldes, Berging. Dr. Ernst Bock den Stollen und nutze ihn zeitweise als Lehrbergwerk für die Clausthaler Bergakademie. Später verfiel die Anlage. 1988 wurde der Tagesstollen dann von der Arbeitsgruppe Bergbau wieder geöffnet, und teilweise für Besucher zugänglich gemacht.
Die Grube wird allerdings nicht allein als Besucherbergwerk genutzt; sie dient auch der Trinkwassergewinnung und während des Winters als Schutzquartier für Fledermäuse. Außerdem laufen dort Aufwältigungsarbeiten zur weiteren Erforschung und Sicherung der alten Baue. Großer Wert wird auf eine bestmögliche Bewahrung des ursprünglichen Zustandes gelegt. Besucher können hier von April bis Oktober, jeweils sonnabends um 14 Uhr Bergbau "live und hautnah" erleben.